6.8.4 Migräneartige Aura zurückzuführen auf eine zerebrale AmyloidangiopathieHartmut Gobel2019-04-22T17:20:30+00:00
Beschreibung
Erst spät einsetzende migräneartige Auraattacken ohne oder mit leichtem Kopfschmerz, auch „amyloidbedingte Anfälle“ („Amyloid Spells“) genannt, verursacht durch und begleitet von den sonstigen klinischen Merkmalen einer zerebralen Amyloidangiopathie, oft im Kontext einer konvexalen Subarachnoidalblutung.
Diagnostische Kriterien:
- Neu auftretende Attacken einer migräneartigen Aura, mit oder ohne leichte Kopfschmerzen, die Kriterium C erfüllen
- Nachweis einer zerebralen Amyloidangiopathie anhand zerebraler bildgebender Verfahren oder einer Biopsie des Gehirns
- Ursächlicher Nachweis durch einen der beiden folgenden Punkte:
- Die Aura hat sich in enger zeitlicher Beziehung zu anderen Symptomen und/oder klinischen Zeichen einer zerebralen Amyloidangiopathie entwickelt oder führte zu ihrer Entdeckung
- Die Aura hat sich gleichzeitig mit klinischen und/oder radiologischen Zeichen einer Verschlechterung der zerebralen Amyloidangiopathie deutlich verschlechtert
- erstmaliges Auftreten im Alter von über 50
- Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose1.
Anmerkung:
- Blutsensitive MRT-Sequenzen sind wichtig für die Diagnose einer zerebralen Amyloidangiopathie und sollten bei sämtlichen Patienten mit spät einsetzender migräneartiger Aura durchgeführt werden.
Kommentar:
Die zerebrale Amyloidangiopathie ist eine Erkrankung der kleinen Gefäße in Begleitung einer progressiven Amyloidablagerung in den Wänden der kortikalen und leptomeningealen Gefäße. Sporadische Formen kommen häufiger vor als ererbte familiäre Formen.
Die zerebrale Amyloidangiopathie ist eine Hauptursache einer lobären symptomatischen intrazerebralen Blutung, transienter fokaler neurologischer Episoden bei alten Menschen sowie kognitiven Beeinträchtigungen. Transiente fokale neurologische Episoden beinhalten sowohl positive migräneauraartige (sich ausbreitende Parästhesien und/oder positive visuelle Phänomene) als auch negative TIA-artige neurologische Symptome und können von einer superfiziellen kortikalen Siderose oder konvexalen Subarachnoidalblutung verursacht werden. Diese Episoden gehen mit einem hohen frühen Risiko einer symptomatischen intrazerebralen Blutung einher.