6.4.1 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Riesenzellarteriitis (RZA)Hartmut Gobel2019-04-22T16:42:29+00:00
Früher verwendeter Begriff:
Arteriitis temporalis.
Beschreibung:
Kopfschmerz verursacht durch und symptomatisch für eine Riesenzellarteriitis (RZA). Kopfschmerzen können das einzige Symptom einer RZA sein, einer Erkrankung, die am auffallendsten von Kopfschmerzen begleitet ist. Die Merkmale des Kopfschmerzes sind variabel.
Diagnostische Kriterien:
- Jeder neue Kopfschmerz, der das Kriterium C erfüllt
- Es wurde eine Riesenzellarteriitis (RZA) diagnostiziert
- Ein kausaler Zusammenhang kann durch mindestens zwei der folgenden Kriterien gezeigt werden
- Der Kopfschmerz tritt in engem zeitlichem Zusammenhang mit anderen Symptomen und/oder klinischen oder biologischen Zeichen für den Beginn einer RZA auf oder hat zur Diagnose einer RZA geführt
- Einer oder beide der folgenden Punkte ist/sind erfüllt:
- der Kopfschmerz hat sich parallel zur Verschlechterung der RZA entscheidend verschlechtert
- der Kopfschmerz hat sich innerhalb von 3 Tagen nach einer Hochdosistherapie mit Kortikoiden entscheidend gebessert oder ist verschwunden
- Der Kopfschmerz ist mit einer Schmerzempfindlichkeit der Kopfhaut und/oder Einschränkung der Kieferöffnung verbunden
- Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.
Kommentar:
Von allen Arteriitiden und Kollagenosen ist die Riesenzellarteriitis (RZA) diejenige Erkrankung, die am häufigsten mit Kopfschmerzen einhergeht (aufgrund der Entzündung von Kopfarterien, häufig Ästen der A. carotis externa). Folgende Punkte müssen betont werden:
Die Variabilität der Kopfschmerzcharakteristika eines 6.4.1 Kopfschmerzes zurückzuführen auf eine Riesenzellarteriitis und der Begleitsymptome (Polymyalgia rheumatica, Einschränkung der Kieferöffnung) ist derart groß, dass jeder neu aufgetretene und anhaltende Kopfschmerz bei einer Person über 60 Jahren an eine Riesenzellarteriitis denken lassen und zu geeigneten Untersuchungen Anlass geben sollte.
Ebenfalls suggestiv für eine Riesenzellarteriitis sind in kurzer Folge rezidivierende Attacken einer Amaurosis fugax verbunden mit Kopfschmerzen; sie sollten ebenfalls unmittelbar zu gezielten Untersuchungen Anlass geben. Das Hauptrisiko liegt in einer Erblindung als Folge einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie. Dies kann durch eine notfallmäßig eingeleitete Kortikoidtherapie verhindert werden. Der Abstand zwischen der Erblindung eines Auges und des anderen beträgt üblicherweise weniger als 1 Woche. Zusätzlich besteht auch das Risiko des Auftretens zerebraler ischämischer Ereignisse oder einer Demenz.
Die histologische Diagnose kann schwierig sein. Bei der histologischen Untersuchung ist eine langstreckige Aufarbeitung notwendig, weil die A. temporalis häufig unbefallene Areale („skip areas“) aufweist.