6.1.1.1 Akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf einen ischämischen Infarkt (zerebraler Infarkt)Hartmut Gobel2019-04-22T16:03:03+00:00
Beschreibung:
Neu aufgetretener und gewöhnlich akut beginnender Kopfschmerz, der durch einen ischämischen Infarkt verursacht wird und von fokalen neurologischen Hinweisen auf den Infarkt begleitet wird. Er ist sehr selten das führende oder prominente Merkmal einer ischämischen Attacke. In der Regel verläuft er selbst-limitierend.
Diagnostische Kriterien:
- Jeder neue Kopfschmerz, der die Kriterien C und D erfüllt
- Es wurde ein akuter ischämischer Infarkt diagnostiziert
- Ein kausaler Zusammenhang kann durch mindestens eines der folgenden Kriterien gezeigt werden:
- Der Kopfschmerz ist in sehr engem zeitlichem Zusammenhang mit anderen Symptomen und/oder klinischen Symptome eines ischämischen Infarkts aufgetreten oder war maßgeblich für die Diagnose eines ischämischen Infarkts
- Der Kopfschmerz hat sich gleichzeitig zur Stabilisierung oder Besserung anderer Symptome bzw. klinischer oder radiologischer Symptome eines ischämischen Infarkts deutlich gebessert
- Einer der folgenden Punkte ist erfüllt:
- Der Kopfschmerz ist innerhalb von 3 Monaten verschwunden1
- Der Kopfschmerz ist noch nicht verschwunden, aber die 3 Monate sind noch nicht vorbei1
- Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.
Anmerkung:
- Die 3 Monate sollten ab Stabilisierung gezählt werden, ob spontan oder durch Behandlung, statt ab Beginn des ischämischen Infarkts.
Kommentar:
Der 6.1.1.1 akute Kopfschmerz zurückzuführen auf einen ischämischen Infarkt (zerebraler Infarkt) tritt in Begleitung fokaler neurologischer Symptome und/oder Bewusstseinsstörungen auf, was in den meisten Fällen eine problemlose Differenzierung von den primären Kopfschmerzen erlaubt. Er ist üblicherweise von moderater Intensität und hat keine spezifischen Merkmale. Er kann ipsilateral zum Infarkt auftreten oder bilateral. In seltenen Fällen kann sich ein akuter ischämischer Infarkt, vor allem ein embolischer Kleinhirn- oder supratentorieller Hirninfarkt, mit einem isolierten plötzlichen (sogar Donnerschlag-) Kopfschmerz vorliegen.
Ein ischämischer Infarkt wird in bis zu einem Drittel der Fälle von Kopfschmerzen begleitet. Kopfschmerzen sind dabei häufiger bei Infarkten im Versorgungsbereich der A. basilaris als im Versorgungsbereich der A. carotis. Die Kopfschmerzen sind bei der ätiologischen Einordnung der Infarkte wenig hilfreich mit Ausnahme davon, dass bei lakunären Infarkten Kopfschmerzen sehr selten sind.
Sehr häufig treten Kopfschmerzen jedoch bei akuten Störungen der Arterienwände auf, die zu einem ischämischen Infarkt führen können, etwa bei einer arteriellen Dissektion oder einem reversiblen zerebralen Vasokonstriktionssyndrom. Bei Letzteren kann der Kopfschmerz unmittelbar durch die Läsionen der Arterienwand ausgelöst werden und einen ischämischen Infarkt ankündigen; dieser Kopfschmerz wäre dann korrekter unter der Störung der Arterienwand zu kodieren.