A9.3 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine HIV-InfektionHartmut Gobel2019-04-22T08:27:41+00:00
An anderer Stelle kodiert:
Ein Kopfschmerz, der bei HIV-infizierten Patienten auftritt, aber durch eine spezifische opportunistische Infektion ausgelöst wird, sollte unter Letzterem kodiert werden. Kopfschmerz verursacht durch antiretrovirale Medikamente sollte unter 8.1.10 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine nicht gegen Kopfschmerz eingesetzte Dauermedikation kodiert werden.
Diagnostische Kriterien:
- Kopfschmerz, der das Kriterium C erfüllt
- Beide der folgenden Punkte sind erfüllt:
- Es wurde eine systemische HIV-Infektion nachgewiesen
- Eine andere ablaufende systemische und/oder intrakranielle Infektion wurde ausgeschlossen
- Ein kausaler Zusammenhang kann durch mindestens zwei der folgenden Kriterien gezeigt werden:
- Der Kopfschmerz hat sich in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der HIV-Infektion entwickelt
- Der Kopfschmerz hat sich in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer Verschlechterung der HIV-Infektion, nachgewiesen durch CD4-Zellzahl und/oder Viruslast, entwickelt oder deutlich verschlechtert
- Der Kopfschmerz hat sich gleichzeitig mit einer Besserung der HIV-Infektion, nachgewiesen durch CD4-Zellzahl und/oder Viruslast, deutlich gebessert
- Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.
Kommentar:
Es gibt drei Gründe dafür, A9.3 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine HIV-Infektion von Kopfschmerzen zu trennen, die auf eine andere Erkrankung zurückzuführen sind:
- Eine HIV-Infektion ist immer sowohl systemisch als auch innerhalb des Zentralnervensystems zu verstehen;
- Die Infektion des Zentralnervensystems kann unabhängig von der systemischen Infektion fortschreiten;
- Die HIV-Infektion ist bislang noch nicht heilbar.
Von Kopfschmerzen berichten mehr als die Hälfte der HIV-/AIDS-Infizierten, und Kopfschmerz kann ein Bestandteil der Symptomatik bei akuter wie auch chronischer HIV-Infektion sein (über eine aseptische Meningitis und ähnliche Mechanismen). Dennoch verbleibt der A9.3 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine HIV-Infektion im Anhang, da es außerordentlich schwierig ist, Kopfschmerz, der lediglich auf die HIV-Infektion zurückzuführen ist, von den quasi primären Kopfschmerzen zu unterscheiden, von denen die meisten HIV-Patienten berichten. Eine Anwendung dieser Kriterien in prospektiven Untersuchungen könnte schlüssigere Nachweise erbringen.
In den meisten Fällen ist ein A9.3 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine HIV-Infektion dumpf und bilateral oder weist die Merkmale einer primären Kopfschmerzerkrankung auf (1. Migräne oder 2. Kopfschmerz vom Spannungstyp). Die Intensität und Häufigkeit des Kopfschmerzes sowie die auf ihn zurückgeführte Behinderung scheinen mit der durch CD4-Zellzahl und/oder Viruslast nachgewiesenen Schwere der HIV-Infektion assoziiert, nicht jedoch mit der Dauer der HIV-Infektion oder der Anzahl der verschriebenen antiretroviralen Medikamente.
Nur eine Minderheit der HIV-Patienten hat Kopfschmerzen, die auf opportunistische Infektionen zurückzuführen sind, was an der Verfügbarkeit der hochaktiven antiretroviralen Therapie liegen dürfte.
Im Rahmen einer HIV-Infektion kann sich eine sekundäre Meningitis und/oder Enzephalitis in Begleitung opportunistischer Infektionen oder Neoplasmen entwickeln. Die häufigsten intrakraniellen Infektionen in Verbindung mit einer HIV-Infektion, die Kopfschmerzen verursachen können, sind Toxoplasmose und Kryptokokkenmeningitis. Kopfschmerzen, die bei Patienten mit einer HIV-Infektion auftreten, aber auf eine bestimmte opportunistische Infektion zurückgeführt werden, sollten unter dieser Infektion kodiert werden.
Auch antiretrovirale Medikamente können Kopfschmerzen verursachen. In diesen Fällen sollte der Kopfschmerz als ein 8.1.10 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine nicht gegen Kopfschmerz eingesetzte Dauermedikation kodiert werden.