A1.1.3 Nicht-menstruationsassoziierte Migräne ohne AuraHartmut Gobel2024-04-22T07:11:47+00:00
Diagnostische Kriterien:
- Attacken bei einer menstruierenden Frau1, welche die Kriterien einer 1.1 Migräne ohne Aura sowie das Kriterium B unten erfüllen
- Attacken, welche nicht das Kriterium B für eine A1.1.1 rein menstruelle Migräne ohne Aura oder A1.1.2 menstruationsassoziierte Migräne ohne Aura erfüllen.
Anmerkung:
- Für die Zwecke der ICHD-3 wird die Menstruation als endometriale Blutung als Folge des normalen endogenen Menstruationszyklusses oder eines Entzuges von externen Gestagenen angesehen – letzteres gilt für kombinierte orale Kontrazeptiva und eine zyklische Hormonersatztherapie
Kommentar:
Diese Subklassifizierung der 1.1 Migräne ohne Aura wird eindeutig nur auf menstruierende Frauen gemäß obiger Definition angewandt.
Menstruelle Migräneattacken verlaufen meist ohne Auren. Die Unterscheidung zwischen einer A1.1.1 rein menstruellen Migräne ohne Aura und einer A1.1.2 menstruationsassoziierten Migräne ohne Aura ist deshalb von Bedeutung, weil eine Hormonprophylaxe bei Ersterer (d.h. A1.1.1 rein menstruellen Migräne ohne Aura) eher wirksam sein dürfte.
Viele Frauen neigen dazu, den Zusammenhang zwischen Menstruation und Attacken überzubewerten; zu Forschungszwecken erfordert die Diagnose den durch Tagebuchaufzeichnungen belegten, prospektiv dokumentierten Nachweis über ein Minimum von drei Zyklen.
Der Mechanismus/die Mechanismen der Migräne unterscheiden sich möglicherweise in Abhängigkeit davon, ob die endometriale Blutung als Folge des normalen endogenen Menstruationszyklusses oder eines Entzuges von externen Gestagenen (wie bei kombinierten oralen Kontrazeptiva und einer zyklischen Hormonersatztherapie) auftritt. So resultiert der endogene Menstruationszyklus aus komplexen hormonellen Veränderungen der Achse von Hypothalamus, Hypophyse und Ovarien, die den Eisprung auslösen, welche wiederum durch Einnahme kombinierter oraler Kontrazeptiva unterdrückt wird. Diese Subpopulationen sollten daher in der Forschung getrennt untersucht werden, obwohl die Diagnosekriterien nicht voneinander abzugrenzen sind. Möglicherweise sollten sich auch die Behandlungsstrategien für die Subpopulationen unterscheiden.
Es gibt Hinweise, dass zumindest bei einigen Frauen menstruelle Migräneattacken durch einen Östrogenentzug ausgelöst werden können, auch wenn möglicherweise andere hormonelle oder biochemische Veränderungen zu diesem Zeitpunkt des Zyklus ebenfalls relevant sein können. Wenn eine rein menstruelle Migräne oder menstruationsassoziierte Migräne mit einem exogenen Östrogenentzug in Zusammenhang stehen, sollten beide Diagnosen, A1.1.1 rein menstruelle Migräne ohne Aura bzw. A1.1.2 menstruationsassoziierte Migräne ohne Aura und 8.3.3 Östrogenentzugskopfschmerz vergeben werden.
Der Zusammenhang mit der Menstruation kann sich im Laufe der fortpflanzungsfähigen Lebensspanne einer Frau ändern.