9.1.4 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine lokalisierte HirninfektionHartmut Gobel2019-04-22T10:35:44+00:00
Beschreibung:
Kopfschmerz infolge eines Hirnabszesses, einer subduralen Eiteransammlung, einem infektiösen Granulom oder einer anderen lokalisierten infektiösen Läsion, meist begleitet von Fieber, (einem) fokalen neurologischen Defizit(en) und/oder psychomentalen Veränderungen (einschließlich einer herabgesetzten Aufmerksamkeit).
Diagnostische Kriterien:
- Kopfschmerz, der das Kriterium C erfüllt
- Lokalisierte Gehirninfektion, nachgewiesen anhand von zerebraler Bildgebung und/oder einer Probenanalyse
- Ein kausaler Zusammenhang kann durch mindestens zwei der folgenden Kriterien gezeigt werden:
- Der Kopfschmerz hat sich in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Entwicklung der lokalisierten Gehirninfektion entwickelt oder führte zu deren Entdeckung
- Der Kopfschmerz hat sich gleichzeitig mit der Verschlimmerung der lokalisierten Gehirninfektion deutlich verschlechtert, die sich in einem der folgenden Punkte zeigt:
- Verschlechterung anderer Symptome und/oder klinischer Zeichen infolge der lokalisierten Gehirninfektion
- Nachweis der weiteren Ausdehnung (oder im Falle eines Hirnabszesses Ruptur) der lokalisierten Gehirninfektion
- Der Kopfschmerz hat sich gleichzeitig mit der Besserung der lokalisierten Gehirninfektion deutlich verbessert
- Der Kopfschmerz weist wenigstens eines der folgenden Charakteristika auf:
- Intensität nimmt allmählich zu, über Stunden oder Tage, auf mäßig oder heftig
- durch Anstrengung oder eine Art von Valsalva-Manöver verschlimmert
- begleitet von Fieber, Übelkeit und/oder Erbrechen
- unilateral, dabei ipsilateral zur lokalisierten Gehirninfektion
- Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.
Kommentar:
Hirnabszesse entstehen in der Regel durch anaerobe oder mitunter gemischte Bakterien, oft einschließlich anaerober Streptokokken oder Bakteroide. Staphylokokken treten häufig nach einem Hirntrauma, einem neurochirurgischen Eingriff oder einer Endokarditis auf. Enterobakterien sind bei chronischen Ohrinfektionen weit verbreitet. Pilze (z. B. Aspergillus) and Einzeller (z. B. Toxoplasma gondii, vor allem bei HIV-infizierten Patienten) können Abszesse verursachen.
Ein subdurales Empyem entsteht häufig sekundär infolge einer Sinusitis oder einer Otitis media. Es kann sich aber auch um eine Komplikation einer Meningitis handeln.
Granulome im Gehirn wurden mit einer Zystizerkose, Sarkoidose, Toxoplasmose und Aspergillose in Verbindung gebracht.
Zu den ursächlichen Mechanismen hinter einem 9.1.4 Kopfschmerz zurückzuführen auf eine lokalisierte Gehirninfektion gehören eine direkte Kompression, eine Irritation meningealer und/oder arterieller Strukturen, ein erhöhter intrakranieller Druck und Fieber. Kopfschmerz zurückzuführen auf ein subdurales Empyem tritt vor allem in Verbindung mit Fieber und Symptomen und/oder klinischen Zeichen einer meningealen Irritation und eines erhöhten intrakraniellen Drucks auf.